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Vernissage-Eröffnungsrede Kelim-Ausstellung
Festsaal Katharinen, St.Gallen, vom 28.10. bis 7.11.2007

Auch ich wünsche einen schönen guten Abend und heisse Sie herzlich willkommen zur Kelim-Ausstellung und zur Ausstellung der Bilder von Hanspeter Schiess. Der Erlös aus dem Fotoverkauf kommt dem Projekt der Weberinnen im türkisch-irakischen Grenzgebiet zugute.

Als ich vor einigen Jahren an der ersten Vernissage von Kelim-Teppichen teilgenommen habe, war ich sehr beeindruckt. Der damalige Prokurator des Naturhistorischen Museums, Roland Steffan, hielt die Eröffnungsrede. Ich war deshalb beeindruckt, weil Herr Steffan die Geschichte und die Bedeutung des Webens von Kelim im alten Orient erklärte. Ich hatte bis dahin von der Bedeutung der verschiedenen Muster, Farben und Techniken keine Ahnung. Aber eines wurde mir bewusst: Kelim-Weberei ist eine sehr alte und kostbare Kunst, die unbedingt in ihren Ur-Mustern erhalten werden muss.

Ich masse ich mir heute nicht an, über die Webkunst von Kelim Geschichtliches vorzutragen. Ich weiss aber, dass die Art der Herstellung von Kelim im Kaukasusgebiet, im Iran, in Kleinasien und auf dem Balkan beheimatet ist. Und wenn ich diese Teppiche betrachte, dann ist jeder Teppich für sich ein Kunstwerk. Mich sprechen die Farben, die Formen und Muster sehr an. Die klaren geometrischen Motive tragen teils grosszügig, teils in winzigen Details eine Botschaft der Erschafferin in sich. Auch wenn ich diese Botschaft nicht kenne, so ist es doch eine enorme Ausstrahlung, die bei mir ankommt – zu mir spricht.

Die Kunst des Kelims kann eigentlich nicht mit Worten erfasst werden, sondern nur mit den Augen. Die Ausstrahlung der Kunstwerke finde ich enorm. Und wenn ich daran denke, welche Arbeit dahinter steckt, bis ein Teppich vollendet ist, dann finde ich jeden einzelnen nicht nur einfach schön, sondern ich habe grossen Respekt. Frauen weben wochen- und monatelang, verdienen sich so ihren eigenen Lebensunterhalt und tragen vor allem zum Überleben der Familie bei.

Im Runas-Projekt im Südosten der Türkei, aus denen diese Teppiche stammen, arbeiten ausschliesslich Frauen, und zwar Flüchtlingsfrauen. Das Einkommen bedeutet für 30 Familien Überlebenshilfe in einer Region, die immer noch unter dem Krieg in den Neunzigerjahren leidet. Dieses Gebiet wird vom türkischen Staat bewusst vernachlässigt. Auch die EU-Gelder fliessen oft nicht bis in die Kurdengebiete. Das macht das Alltagsleben so schwierig. Die Menschen sind völlig auf sich gestellt. Zum Glück sind sie hoch motiviert und nehmen beispielsweise mit dem Runas-Projekt ihr Schicksal selbst in die Hände. Es geht ums Überleben. Das Kelimprojekt zu unterstützen, ist nicht nur sinnvoll, weil es Überlebenshilfe bietet, sondern auch, weil damit die Kunst des Kelimwebens aufrecht erhalten wird. Das ist nicht einfach in einer Umgebung, die geprägt ist von Armut und Elend. Die Qualität der Kelims, die Motive und die naturgefärbte, handgesponnene Wolle erfüllen einen hohen kunsthandwerklichen Standard.

Ich durfte vor etwa zehn Jahren eine Kurdistanreise unternehmen. Das Kelimprojekt konnte ich nicht besuchen. Wir waren in einem anderen Gebiet Kurdistans und kamen nur bis Diyarbakir. Aber ich denke, dass das Kelimprojekt doch etwas Gemeinsames hat mit dem, was ich gesehen und erlebt hatte, das bescheidene Leben der Menschen im kurdischen Teil der Türkei: Zum Leben ist nur das Minimum vorhanden. Damit die Kinder in die Schule können und alle zu Essen haben, arbeiten die Kurden und Kurdinnen hart und für ein sehr tiefes Einkommen. Ich staunte, mit wie wenig Geld eine Familie auskommen muss.

Und wenn ich daran zurückdenke, bekomme ich fast ein schlechtes Gewissen, dass es in meiner Wohnung nur einen Kelimteppich gibt. Aber der ist ja so unverwüstlich und schön, dass ich keinen zweiten brauche.

Ich mag meinen Kelim-Teppich nicht nur wegen der Farben und Muster und weil er nicht heikel ist, für mich stehen Kelimteppiche aus dem Runas-Projekt auch für Menschenrechte. Ein Recht auf Arbeit, ein Recht aufs Überleben, auf Respekt und Existenzberechtigung. Das macht meinen Kelimteppich zuhause so wertvoll.

An dieser Stelle möchte ich an Waltraud Weber ein herzliches Dankeschön aussprechen für ihren jahrelangen, unermüdlichen und unentgeltlichen Einsatz für das Projekt. Waltraud, du bist DIE wichtige Verbindungsperson, die Networkerin, die Frau, die sinnvolle Brücken baut und dafür gehört dir ein Dank, ein Applaus.

Ich komme damit zum Schluss, natürlich mit einem Appell der lautet: Mit dem Kauf von einem Teppich unterstützen Sie das Kelim-Projekt, damit es weiter existieren kann. Mit dieser Unterstützung geben Sie Menschenrechten in schwierigen Regionen eine Chance. Ich danke Ihnen.

Ich bin heute Abend von einer Ethikvorlesung an der Universität Zürich hierher gekommen. Ob Zufall oder nicht – das Thema war heute die Tugendethik. Und die Umsetzung in die Praxis könnte heute Abend heissen, dass es eine Tugend ist, einen Kelimteppich zu kaufen.

Nun wünsche ich Ihnen, dass Sie sich auf die Schönheiten der Teppiche, die Muster und Farben einlassen. Ich danke allen für ihr Kommen und erkläre damit die Ausstellung für eröffnet. Schönen Abend und gute Geschäfte!  
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