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Betagtenpflege ist Intensivpflege
erschienen im Tagblatt St.Gallen, 26. März 2009

Pia Hollenstein Diplomierte Pflegefachfrau HF, Master of Advanced Studies in Applied Ethics (angewandte Ethik) an Uni Zürich, zurzeit im MasterStudium in Geriatrie-Pflege 

Wer alt wird, landet im Heim, so lautet ein vielgehörtes Vorurteil. Falsch: Nur 10 Prozent der über 80-Jährigen und 40 Prozent der über 90-Jährigen leben hierzulande im Alters- oder Pflegeheim. Doch der Anteil der Betagten an der Bevölkerung steigt stetig, in der Schweiz wie in anderen Industrienationen. Und auch jene, die nicht im Heim leben, nehmen in ihrer Mehrheit nicht mehr an Marathons teil, wie uns die Werbung gerne weismachen will. Die Wahrheit liegt dazwischen.

Recht auf eigene Bedürfnisse
Die Vorfälle im Zürcher Altersheim Entlisberg werfen ein Schlaglicht auf den Alltag vieler Menschen, die auf Betreuung angewiesen sind. An Demenz erkrankte oder andere pflegebedürftige Menschen werden in den Diskussionen um die Pflegefinanzierung indirekt «beschuldigt», eine wesentliche Ursache der Verteuerung des Gesundheitswesens zu sein. Ein Leben lang haben sie gearbeitet und haben ihren Beitrag zum Wohlstand unseres Landes geleistet. Vielleicht mögen sie heute durch ihre Erkrankung teilweise scheinbar eigensinnige oder scheinbar eingefahrene Wünsche haben; doch das Eingehen auf diese Bedürfnisse stellt einen wesentlichen Pfeiler ihrer Zufriedenheit dar – und gehört fundamental zur Aufgabe der Pflege.

Personal mit Selbstkompetenz
Was im Pflegeheim Entlisberg passierte, ist weder nachvollziehbar noch entschuldbar. Insbesondere demenzkranke Menschen sind auf gutqualifiziertes Personal angewiesen. Die Ausbildung als Fachangestellte Gesundheit (FaGe) reicht nicht, um dauerhaft mit belastenden Situationen umzugehen, ohne abzustumpfen. Es braucht eine geschulte Selbstkompetenz und ein breites Fachwissen. Belastende Situationen müssen reflektiert und besprochen werden.

Doch die Ansprüche lassen sich nur erfüllen, wenn die Pflegenden in der Geriatrie auch jene Wertschätzung erhalten, die ihnen zusteht. Pflegende und auch Ärzte, die in der Betagtenbetreuung arbeiten, geniessen längst nicht das berufliche Ansehen des Personals in Notfallstationen oder auf der Intensivstation. Doch die Situationen in Heimen, welche Skandale zur Folge haben, sind mindestens so anspruchsvoll wie Intensivpflege-Situationen oder Notfallsituationen. Der grosse Unterschied liegt in der Tatsache, dass sie von der Gesellschaft verdrängt oder nicht als solch anspruchsvolle Aufgaben erkannt werden.

Gewalt in der Pflege vorbeugen
Eine Bewusstseinsänderung der Gesellschaft kann man natürlich nicht verfügen. Doch es ist wichtig, sich der Ungleichbehandlung bewusst zu werden und über den Wert des Alters in der Gesellschaft zu diskutieren.

Als Notfall in einem Heim gelten auch Momente, in denen Gewaltausübung droht oder Gewalt stattfindet. Gewalt in der Pflege kommt immer wieder vor – von beiden Seiten. Die bekanntgewordenen Demütigungen zeigen aber eine neue Dimension der Gewalt auf und bleiben hoffentlich tragische Einzelfälle. Eine durch die Führungsverantwortlichen vorgegebene Teamkultur und qualifiziertes Personal in genügender Zahl sind wichtige Faktoren, die der Gewalt in der Pflege entgegenwirken.

Leben und Arbeiten in Würde
Die Verantwortlichen im Gesundheitswesen tun gut daran, Modelle zu entwickeln, die eine gute Pflege für alle ermöglichen. Wer sonst, wenn nicht unser Land, kann und muss es sich leisten, für seine Betagten Lösungen zu entwickeln, die sowohl für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen, aber auch für die Pflegenden ein Leben und ein Arbeiten in Würde erlauben?  
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