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Sterbehilfe muss Lebenshilfe sein
Zeit-Fragen, DRS 1, Nr. 50/51 vom 21.12.2001

Pia Hollenstein hat sich seit Beginn der Debatte um die Sterbehilfe 1994 (Motion Ruffy) engagiert und mit ganzem Herzen und grosser Fachkenntnis gegen eine Legalisierung von Patiententötungen eingesetzt. Sie hat ein grosses Verdienst an der Ablehnung der Initiative Cavalli im Parlament. Folgende Zitate stammen aus einer Debatte mit Franco Cavalli, dem sie im Mittagsgespräch auf DRS 1 am 11. Dezember 2001, dem Tag der Abstimmung, nicht zum ersten Mal die Stirn geboten hat.

«Ich finde, wir müssen aufpassen, dass wir mit helfen nicht meinen, die Tötung auf Verlangen sei die Hilfe. Hilfe muss gegeben werden, aber die Initiative Cavalli geht weiter. Sie wollte das Töten straffrei machen, und dagegen bin ich! Ich bin schon für Hilfe. Mir ist es auch ganz wichtig zu konkretisieren, was wir wirklich unter Palliativmedizin und Palliativpflege, die ja immer dazugehört, verstehen. Herr Cavalli hat gesagt, es ginge darum, eine optimale Schmerzmitteltherapie zu machen. Für mich beinhaltet natürlich die Palliativmedizin und Palliativpflege sehr viel mehr. Es geht um die psychische, seelische und geistige Unterstützung kranker und sterbender Menschen im fortgeschrittenen unheilbaren Stadium, um eine möglichst gute Lebensqualität zu ermöglichen und das Leiden zu lindern. Und da kann für mich Sterbehilfe im Sinne von töten niemals eine Antwort sein. Wir wollen ein gutes Leben ermöglichen bis zum Schluss und nicht töten helfen. Ich finde, wir müssen alle Möglichkeiten ausnutzen, und die sind heute leider nicht überall genügend ausgebaut. Es gibt einen grossen Handlungsbedarf, damit wir gute Sterbehilfe nicht im Sinne von Tötung, aktiver Sterbehilfe ermöglichen.» [...]

«Was wäre, wenn wir eine aktive Sterbehilfe im Sinne von Tötung durch Dritte straffrei machen würden? Da sehe ich die Riesengefahr [...]: Wenn wir auf Gesetzesebene festlegen würden, das es straffrei wäre, bei einer kranken Person mit der Todesspritze den Tod herbeizuführen, würde sich die Atmosphäre, das Klima für alle Betagten und Kranken in unserer Gesellschaft sehr ändern. Davon bin ich überzeugt. Ich meine, dass Personen, die schwerkrank sind, die wirklich in ihrer letzten Lebensphase sind und nicht mehr geheilt werden können, unter Druck kommen, weil diese Möglichkeit neu bestehen würde. Das ist klar, es gäbe einen Druck auf diese Personen, von dem, was zugelassen, was nicht mehr strafbar ist, auch Gebrauch zu machen. [...] Wenn Menschen in schwierigen Situationen sind - und die letzte Phase kann schwierig sein, nicht nur für die Betreffenden, sondern auch für die Angehörigen, auch für die Pflegenden und für die Ärzte -, dann darf man nicht aktiv eingreifen. Man muss alle Möglichkeiten nutzen, die eben dieser Person helfen, vom Tötungswunsch durch Dritte wegzukommen. Aus meiner Erfahrung - ich habe viele Jahre auf der Intensivpflegestation gearbeitet - ist es wirklich so: Wenn man die Anliegen des schwerkranken Menschen ernst nimmt, wenn man auf sie hört und diese Wünsche dann auch weitgehend erfüllen kann, dann ist der Tötungswunsch weg. Es ist ja nicht immer der Schmerz, es ist das Gefühl von Verlassensein, es ist das Gefühl, nichts mehr wert zu sein. Diese Menschen können im ausführlichen Gespräch sehr wohl formulieren, was sie brauchen, was ihnen helfen würde.» [...]

«In Holland ist es dazu gekommen, dass aktive Sterbehilfe fast als normal angeschaut wird. Holland ist soweit, dass Patientinnen und Patienten eine ausdrückliche Meinungsäusserung abgeben müssen, wenn sie keine aktive Sterbehilfe wollen. Das ist eine gefährliche Entwicklung. Wenn man in Holland diskutiert, ob psychisch veränderte Personen, Neugeborene mit Behinderungen, Alzheimerpatientinnen und -patienten aktive Sterbehilfe erhalten, dann ist die Diskussion weiter als bei uns, dann geht es letztlich um lebenswertes oder lebensunwertes Leben.»

«Wenn die Menschen Angst haben, dass die Realität kein menschenwürdiges Sterben ermöglicht, dann muss ich einfach sagen, so ist es nicht. Diese Ängste, die teilweise geschürt werden, sind nicht berechtigt. Es gibt in den Spitälern sehr gute Pflege, auch in der letzten Phase.» [...]

«Ich glaube, die Diskussion muss so weitergehen: Wie können wir in unserer Gesellschaft Rahmenbedingungen schaffen, dass ich nicht mehr den Wunsch haben muss, durch andere getötet zu werden, wie können wir Bedingungen schaffen, dass Menschen in ihrer letzten Phase gut begleitet werden. Das heisst eben in der gesamten Schweiz: mehr Unterstützung der Palliativmedizin und Palliativpflege. Es heisst auch: Integration der Palliativmedizin in die ärztliche Ausbildung. Die Ärzte sollen in Zukunft nicht mehr das Gefühl haben, dass sie Versager sind, wenn sie nicht mehr heilen können.»  
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