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Medienkonferenz kagfreiland, Juni 2001

Meinungsumfragen vor den Agrarabstimmungen 1995 und 1996 haben wiederholt gezeigt: Das Tierwohl ist das wichtigste Anliegen der Bevölkerung an die Landwirtschaft. Aber die Konsument/innen sind verunsichert – weil die Deklaration der Tierhaltung nicht klar geregelt ist. Und solange eine Richtlinie fehlt, ist es schwierig, gegen Täuschungen vorzugehen.

Der Bundesrat ist vom Gesetz beauftragt, Vorschriften für Deklarationen zu erlassen, die mit dem Tierwohl argumentieren. Der neue Verfassungsartikel über die Landwirtschaft hält in Art. 104 fest: «Der Bund erlässt Vorschriften zur Deklaration von Herkunft, Qualität, Produktionsmethode und Verarbeitungsverfahren für Lebensmittel». Das neue Landwirtschaftsgesetz legt in Art. 15 bezüglich Kennzeichnung fest: «Der Bundesrat regelt die Anforderungen, denen die Produkte sowie die Herstellungsverfahren, insbesondere solche mit ökologischer Ausrichtung, genügen müssen.» Und: «Erzeugnisse dürfen nur dann als besonders umweltschonend und tiergerecht gekennzeichnet werden, wenn die entsprechenden Produktionsvorschriften für den gesamten Betrieb gelten.»

Betreffend «Bio» hat der Bundesrat den Auftrag erfüllt. Nun muss er auch B sagen. Es grenzt an Willkür, die Bio-Deklaration zu regeln, die Deklaration der Tierhaltung aber nicht.

Die Bio-Verordnung ist seit dreieinhalb Jahren in Kraft und zeigt in der Praxis Biss. So musste etwa die Migros ihre Pseudo-Bio-Werbung für «M-Sano» fallen lassen, und auch die Coop kommt mit ihrem nicht durchwegs biologischen «Naturaplan»-Programm unter Beschuss. Bio-Konsument/innen sind dank der Bio-Verordnung heute besser vor Täuschungen geschützt.

Seit diesem Jahr gilt die Bio-Verordnung auch für die Tierhaltung. Bio-Betriebe müssen sich wenigstens an die RAUS-Vorschriften des Bundes halten. Doch abgesehen davon, dass diese Vorschriften den Bedürfnissen der Tiere nur teilweise gerecht werden, löst die Bio-Verordnung das Deklarationsproblem auch mengenmässig nicht. Denn der weitaus grössere Teil der Eier und des Fleischs aus Labelprogrammen stammt nicht von Bio-Betrieben. Das wird auch in absehbarer Zukunft so bleiben.

Die Forderung nach einer Freiland-Verordnung hat kagfreiland seit Jahren erhoben. Mit dem neuen Landwirtschaftsgesetz schien das Ziel endlich nahe. 1995 lud das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) die interessierten Kreise ein, Kriterien für die Anpreisungen «Freiland» und «Auslauf» zu erarbeiten. Nach zwei Anläufen und zahlreichen Sitzungen hat der Bund das Vorhaben begraben, weil die Vertreter von Produzenten und Handel sich klaren Regeln widersetzten.

Da die EU eine Bio-Verordnung hat, musste auch die bilateralisierte Schweiz eine haben. Muss, da die EU keine Freiland-Verordnung hat, auch die Schweiz keine Freiland-Verordnung haben? Die EU kennt lediglich Vermarktungsnormen für Eier und Poulets. Dabei wird den Konsument/innen etwa die Unterscheidung zwischen «Auslaufhaltung», «bäuerlicher Auslaufhaltung» und «bäuerlicher Freilandhaltung» zugemutet. Diese letztgenannte Deklaration ist nur gestattet, wenn die Weide nicht eingezäunt ist. Das macht bei genügend grosser Weide für die Hühner zwar keinen Unterschied. Doch Frankreich, wo in dünn besiedelten Gebieten Pouletmast ungezäunt betrieben werden kann, hat der Schweiz in der Endphase der bilateralen Verhandlungen gleichwertige Regeln abgetrotzt – zwecks privilegiertem Zutritt der französischen Pouletmäster zum Schweizer Premium-Markt. Darum muss der Bund bis 2003 eine Verordnung über die Deklaration von Freiland-Poulets erlassen. Es wäre lächerlich, würde die Schweiz, welche die Freilandhaltung der Nutztiere mehr fördert als jedes andere Land, tatsächlich nur gerade die Deklaration der Poulethaltung regeln. Es ist gut, dass die Petition dem Parlament die Chance gibt, den Bundesrat an seinen Auftrag zu erinnern.  
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«Tierfreundliche» Deklaration braucht klare Vorgaben des Bundes