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Ökologie-Rating der Umweltverbände
erschienen in der Sonntagszeitung, 4. Juni 1999

Die bürgerliche Mitte holt auf, SVP und Freiheits-Partei fallen durch

von Matthias Baer

Die Öko-Rangliste
Supergrün und superfleissig:
Pia Hollenstein, Grüne, St. Gallen, und Peter Vollmer, SP, Bern (35 von 35 Punkten). Sie bejahten alle ökologischen Vorlagen.

Supergrün und fleissig:
Ruedi Baumann, Grüne, Bern; Cécile Bühlmann, Grüne, Luzern; Remo Gysin, SP, Basel; Franziska Teuscher, Grüne, Bern; Agnes Weber, SP, Aargau (alle zwischen 32 und 34 Punkten). Sie stimmten ebenfalls immer zu, verpassten aber die eine oder andere Sitzung.

Grün und fleissig:
Christine Goll, SP, Zürich; Vreni Hubmann, SP, Zürich; Silva Anita Semadeni, SP, Graubünden (alle 32 Punkte). Sie stimmten ebenfalls nie gegen ein ökologisches Anliegen, enthielten sich jedoch je einmal der Stimme.

Grünste Bürgerliche:
Odilo Schmid, CVP, Wallis (16 Punkte), Rosmarie Dormann, CVP, Zürich (14 Punkte) und Christoph Eymann, Liberale, Basel (8 Punkte).

Schlusslichter punkto Ökologie:
Stur gegen grüne Anliegen aufgetreten sind: Max Binder, SVP, Zürich; Roland Borer, SVP, Solothurn; Michael Dreher, Auto-Partei, Zürich; Hans Fehr, SVP, Zürich; Walter Frey, SVP, Zürich; Ulrich Giezendanner, SVP, Aargau; Ueli Maurer, SVP, Zürich; Jürg Scherrer, Freiheits-Partei, Bern; Ulrich Schlüer, SVP, Zürich (alle nur 1 Punkt). Stimmten - ausser je einmal - immer unökologisch.

«Manchmal kriege ich schon Schwierigkeiten in der eigenen Fraktion», sagt der christlichsoziale Walliser Nationalrat Odilo Schmid. Er und seine Luzerner CVP-Parteikollegin Rosmarie Dormann dürfen für sich in Anspruch nehmen, die grünsten bürgerlichen Nationalräte zu sein.

Dies zeigt die ökologische Leistungsbilanz der vergangenen Legislatur, welche die wichtigsten Umweltorganisationen der Schweiz (Pro Natura, SGU, VCS und WWF) ermittelt haben. Von den knapp 150 ökologischen Namensabstimmungen, welche seit 1995 stattgefunden haben, wählten sie 35 typische aus. Darunter jene über die Gen-Lex-Motion, die Lenkungsabgabe auf Energieträger, die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) oder Vorstösse in Richtung einer naturnaheren Landwirtschaft. Im Zweifelsfall stützten sich die Umweltorganisationen auf Abstimmungen mit knappen Resultaten - ein Verfahren, das die meist ökoskeptischeren Bürgerlichen eher in grünerem Lichte erscheinen lässt.

Punktesieger der Bilanz sind aber Grüne und Sozialdemokraten. Eine 100-prozentige Übereinstimmung mit den Umweltorganisationen erreichen zwei Nationalräte: Die St. Galler Grüne Pia Hollenstein und der Berner Sozialdemokrat Peter Vollmer. Sie schwingen nicht nur wegen ihrer lupenreinen umweltfreundlichen Haltung obenaus, sondern auch auf Grund ihrer eisernen Sitzungsdisziplin. Andere Nationalrätinnen und Nationalräte stimmten zwar ebenso konsequent ökologisch ab, waren aber nicht immer im Bundeshaus anwesend.

Nach dem rot-grünen Block folgen Landesring- und EVP-Vertreter, dann mit Schmid und Dormann die ersten Christdemokraten. Als grünste SVP-Vertreterin taucht auf Rang 68 die Bündnerin Brigitta Gadient auf, als grünste Freisinnige auf Rang 70 die Zürcherin Lili Nabholz. Das Schlusslicht bilden Männer: vornehmlich die Vertreter von Freiheits-Partei und SVP. Der Solothurner Roland Borer stimmte beispielsweise nur einmal ökologisch ab - zugunsten höherer Bundesbeiträge bei der Strassenlärmsanierung. «Ich bin stolz auf diesen Platz», sagt SVP-ler Borer, «er beweist, dass ich nicht zu den labilen Bürgerlichen gehöre.»

Diese Labilität sehen die Umweltorgansiation naturgemäss positiver. Obwohl die Rangliste zeigt, dass aus den Steineggers und Egerszegis längst keine Vollmers und Hollensteins geworden sind, wurden in den vergangenen vier Jahren dennoch wichtige ökologische Kompromisse erzielt. Man diskutiere diese Themen «offener und tabufreier», sagt die grüne CVP-Vertreterin Rosmarie Dormann.

- Beispiel Verkehrspolitik: Breite Mehrheiten bewilligten die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) und die Neat-Vorlage Finöv. Das Erfolgsrezept beruhte auf einer geschickten Päckli-Politik: Von den Verkehrsvorlagen profitierten nicht nur die Ökologen, sondern auch die Europhilen (Voraussetzung für die bilateralen Verträge) und das Baugewerbe (lockende Milliardenaufträge). «Endlich hat die Wirtschaft gemerkt, dass ihr unsere Anliegen ebenfalls dienen», freut sich Pia Hollenstein, die grünste Grüne.

- Beispiel Agrarpolitik: Im Parlament begann sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass die Landwirtschaft nur im hochqualitativen Sektor überleben kann. Peter Vollmer, der grünste Rote, analysiert: «Die Konsumentenwünsche nach biologischen Produkten trafen sich mit den Interessen der Bauern, die sich vor der ausländischen Billigkonkurrenz fürchten.»

Ähnliche Koalitionen zeitigten weitere Erfolge. Zusammen mit Vertretern der Bergkantone setzten die Rot-Grünen im Herbst den Beitritt zur internationalen Alpenschutzkonvention durch. Überdies wird eine Abgabe auf nicht erneuerbare Energien immer konkreter: Da man nicht nur Solar- oder Biomassenenergie unterstützt, sondern auch die Wasserkraft-Investitionen amortisieren will, zeichnet sich ein breit abgestützter Kompromiss ab. «Wenn wir geschickte Allianzen schmieden, liegen für ökologische Anliegen über hundert Stimmen drin», sagt der Bieler Freisinnige Marc Suter.

So wurden einst unvorstellbare Durchbrüche möglich. Allerdings kam es zu diesen Siegen vor allem dort, wo viele mitprofitieren konnten - Paradebeispiel bleibt das «Zückerliverteilungsprojekt» Neat. «Sobald es etwas kostet, schwindet die bürgerliche Unterstützung», gibt der Freisinnige Suter zu. Eine nachhaltige umweltpolitische Einsicht ist bei den meisten Bürgerlichen immer noch nicht auszumachen. Vor rund einem Monat haben wieder über 90 Nationalräte die parlamentarische Initative Ulrich Giezendanners (SVP) zur unverzüglichen Planung einer zweiten Gotthard-Strassentunnelröhre unterschrieben.

«Zum Schluss der Legislatur sind diese Parlamentarier drauf und dran», sagt Hans Kaspar Schiesser vom VCS, «die an sich gute umweltpolitische Bilanz der vergangenen vier Jahre wieder zu vermiesen.» Ähnlich unökologisch würde es wohl weitergehen, falls die SVP die Wahlen im Herbst tatsächlich gewinnt.  
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