Platzhalter   Platzhalter Pia Hollenstein
POLITIK

Referate | Artikel | Buchbeiträge | Presse
Zurück zur Eingangsseite
Startseite

Buchbeitrag in "Vom Recht zu Sterben zur Pflicht zu sterben?"

Dieser Text ist erschienen in Vom Recht zu Sterben zur Pflicht zu sterben? – Beiträge zur Euthanasiedebatte in der Schweiz, von Alex Schwank und Ruedi Spöndlin (Hrsg.), eine Dokumentation aus der 'edition 8', Zürich 2001 (ISBN 3–85990-052-8).

Die Sterbehilfe verkennt nicht nur die vielfältigen Ursachen, die in Schwerkranke einen Todeswunsch keimen lassen. Die Liberalisierung der Sterbehilfe führt auch dazu, dass die medizinische Machtposition ausgebaut wird, während ÄrztInnen und Pflegepersonal zusätzliche psychisch stark belastende Entscheidungen aufgezwungen werden. Statt einer Liberalisierung der Sterbehilfe wäre vielmehr angezeigt, die Palliativmedizin breit zu fördern und Schwerkranken und ihren Angehörigen ein Sterben in Würde zu ermöglichen.

In meinem Beruf als Krankenschwester auf verschiedenen Intensivpflegestationen wurde ich schon seit Jahren mit der Frage konfrontiert, was unsere Aufgabe als Pflegende ist, um den letzten Lebensabschnitt für Sterbende möglichst menschenwürdig zu gestalten. Was sind die Aufgaben der Medizin und der Pflege, um eine optimale Schmerzbehandlung zu gewährleisten, um das Gefühl des Alleingelassenseins und des Nicht-mehr-gebraucht-werdens ernst zu nehmen? Die Frage nach einem würdigen Tod ist aber auch eine ethische Herausforderung an die Gesellschaft. Im Lauf der letzten Jahrzehnte hat der Glaube, alles sei machbar, in unserer Gesellschaft zugenommen. Damit eng verknüpft ist die Frage der so genannten Selbstbestimmung. So taucht die Frage auf: Habe ich nicht das Recht, meinem Leben selbst ein Ende zu setzen? Diese Frage ist im Strafgesetzbuch geregelt: In der Schweiz ist Suizid nicht strafbar. Habe ich aber auch das Recht, einen Mitmenschen – auf seinen Wunsch hin – zu töten? Dies ist in der geltenden Gesetzesregelung verboten und strafbar. Meines Erachtens darf diese Bestimmung unter keinen Umständen gelockert werden.

Kranke begleiten, Schmerz therapieren
Auf einen kürzlich veröffentlichten Leserinnenbrief hin hat mich eine Frau mittleren Alters angerufen und meinte: «Ich bin ganz Ihrer Meinung, die aktive Sterbehilfe darf nicht erlaubt werden.» Sie erzählte ihre Geschichte: «Wissen Sie, ich war vor zwei Jahren todkrank, hatte Brustkrebs darüber hinaus ging meine Ehe in Brüche. Ich sah keine Hoffnung mehr auf Besserung. Hätte ich gewusst, dass es erlaubt wäre, mir die Todesspritze zu geben, ich hätte dies verlangt und ich würde heute nicht mehr leben. Heute bin ich wieder glücklich verheiratet und gesundheitlich geht’s mir auch recht gut.» Diese Frau bringt eindrücklich zum Ausdruck, worin ihr Leiden bestanden hatte: Schmerzen, der Wunsch, nicht mehr leben zu müssen und in der belastenden Situation keinen Sinn mehr zu sehen. Sie wäre am liebsten gestorben. Aus meiner Berufspraxis kenne ich viele ähnliche Beispiele. Studien belegen aber auch, und diese Erfahrung habe ich auch selbst in meiner Arbeit gemacht, dass der Sterbewunsch ein Hilfeschrei ist. Ein Hilfeschrei nach Schmerzstillung, Zuwendung, Verstandenwerden. Sterben kann nicht geübt werden. Geübt werden kann aber Sterbebegleitung: das Zuhören, das Verstehen, das Präsentsein, das Nichtverstehen zuzulassen, Unterstützung in der Sinnsuche anzubieten. Wenn gleichzeitig eine optimale Schmerztherapie angewendet wird und man auf die eben erwähnten urmenschlichen Bedürfnisse eingeht, verschwindet der Wunsch nach Tötung durch Dritte praktisch immer.

Das Problem ist: Sobald wir eine technische Lösung zur Tötung erlauben, wird die Suche nach anderen Möglichkeiten wie die optimale Begleitung und Betreuung todkranker Menschen sehr schnell aufgegeben. Und wer garantiert, dass mit der absehbaren Zunahme von Betagten und sehr alten Menschen künftig nicht aus finanziellen Gründen nach «technischen Lösungen» gesucht wird? Natürlich ist eine optimale medizinische und pflegerische Versorgung in der Endphase sehr anspruchsvoll und bringt manche Betreuenden hie und da an die eigenen Grenzen, wie mit Leiden und Sterben umzugehen ist. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns als Gesellschaft der Frage stellen, wie die medizinische Behandlung und die Pflege von Menschen in der Endphase aussehen soll.

Niederlande: «Ausdrückliches Verlangen» fehlt oft
Was aber, wenn die direkte aktive Sterbehilfe nicht mehr in jedem Fall strafbar wäre, so wie es der Vorstoss Cavalli fordert? Holland praktiziert seit Jahren eine liberale Regelung. Die Folgen sind nicht ausgeblieben. Gemäss dem Remmelink-Rapport (einer von der holländischen Regierung beauftragten Kommission) starben 1990 in Holland fast 20'000 Menschen (das heisst 15,2 Prozent sämtlicher Todesfälle) mit der Absicht des Arztes, das Leben der Kranken zu verkürzen. Bei fast 12'000 (rund 60 Prozent davon) lag kein ausdrückliches Verlangen der Kranken vor. Holland hat mit dieser liberalen Handhabung auch gesellschaftliche Spuren hinterlassen. In der Berner Zeitung «Der Bund» vom 21. August 1999 ist zu lesen: «Die Niederlande haben als erster Staat 1993 die Sterbehilfe gesetzlich geregelt. Nun will Den Haag Euthanasie auch bei Alzheimer-Patienten und schwerbehinderten Säuglingen legalisieren.» Einer solchen Entwicklung müssen wir rechtzeitig einen Riegel schieben. Deshalb lehne ich die Parlamentarische Initiative Cavalli, die in bestimmten Fällen auch aktive Sterbehilfe straffrei machen will, entschieden ab.

Lebensvermindernde Schmerzlinderung erlaubt
Die Bevölkerung muss auch wissen, dass die indirekte aktive Sterbehilfe heute schon erlaubt ist. Sie liegt vor, wenn zur Linderung von Leiden Mittel eingesetzt werden, die als Nebenwirkung die Lebensdauer herabsetzen können. Solche Massnahmen zur Schmerzlinderung sind strafrechtlich zulässig, selbst wenn dabei der Eintritt des Todes als mögliche oder sogar unvermeidliche Folge in Kauf genommen werden muss. Dies heisst, es ist erlaubt, einer sterbenden Person Schmerzmittel zu verabreichen, auch wenn dadurch ein Atem- und dann ein Herzstillstand eintreten könnte. Natürlich bewegen wir uns auch da schon heute in einem empfindlichen Bereich. Wenn nun aber diese Grenzzone Richtung Liberalisierung verschoben wird, ist eine gefährliche Entwicklung absehbar. Auch die Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) betrachten die Form der indirekten aktiven Sterbehilfe als zulässig. In einem Memorandum zum Bericht der AG «Sterbehilfe»des Bundesrats macht die SAMW dies auch deutlich Die im Bericht angedeutete Vermutung, dass Ärzte den Unterschied von begründbarer Unterlassung (passive Sterbehilfe) und vorsätzlicher lebensverkürzender Handlung nicht (mehr) immer machen, könne keine Rechtfertigung sein für eine Lockerung der Strafbarkeit vorsätzlicher Tötungshandlungen.

Druck auf Todkranke wächst
Die berechtigten Ängste derjenigen, die den Zeitpunkt des Todes selbst bestimmen möchten und dazu andere zu einer entsprechenden Handlung bevollmächtigen wollen, müssen trotzdem ernst genommen werden. Weshalb kommt jemand zu diesem Entschluss? Welche Hilfe wäre in dieser Situation echte Lebenshilfe oder eben echte Sterbehilfe?

Wenn man durch eine Gesetzesänderung aktive Tötung gestattet, und wenn durch eine Änderung der ärztlichen Ethik Suizidhilfe durch Fachpersonen gebräuchlich wird, so verändert sich auch das Klima für die psychisch und körperlich Hilfe- und Pflegebedürftigen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass mit einer Gesetzesänderung auch die Gefahr der Beeinflussung durch Verwandte und Bekannte oder sogar durch Betreuende steigt. Denn es ist auch und vor allem für die Umgebung oft nicht einfach, eine nahe stehende Person in der letzten Lebensphase zu begleiten und die schwere Zeit der Ablösung mitzumachen. Wie soll eine todkranke Person vor Beeinflussungen von aussen geschützt werden, wenn die gesetzliche Möglichkeit zur aktiven Sterbehilfe bekannt ist und sich die Person in einer hilflosen Situation befindet, in der sie sich nutzlos und nur noch als Belastung vorkommt?

«Töten» im Pflichtenheft der Ärztinnen, Ärzte und Pflegenden?
Mit der Zulassung aktiver Sterbehilfe besteht die Gefahr, dass die ethischen Grenzen immer mehr verschoben werden. Es geht mir nicht um eine Verurteilung des Freitodes, sondern um die Frage, wer faktisch und letztlich über lebenswertes und unwertes Leben entscheidet. Bald könnten es Betagte sein, die zunehmend unter Druck von aussen geraten, einfach weil die Möglichkeit zur aktiven Sterbehilfe gegeben ist.

Ich bin mir natürlich bewusst, dass es Menschen gibt, die den Wunsch haben, selbst über ihr Lebensende zu bestimmen. Wenn wir aber diesen Wunsch mit einer gesetzlichen Strafbefreiung der aktiven Tötung durch Dritte entgegenkommen, ist der gesellschaftliche Druck vorprogrammiert, von dieser Möglichkeit auch Gebrauch zu machen. Der Wunsch nach aktiver Sterbehilfe kann auch Ausdruck sein von mangelndem Vertrauen ins Behandlungsteam. Die Zulassung aktiver Sterbehilfe in bestimmten Fällen ist aber meines Erachtens sicher die falsche Antwort darauf. Überlegen wir uns, was es bedeuten könnte, wenn Ärztinnen und Ärzte in ihrer Rolle als Vertrauenspersonen, die sich dem Leben und nicht dem Töten verpflichtet haben, plötzlich auch für aktives Töten zuständig wären? Weder Beihilfe zum Suizid noch aktives Töten gehören in den ärztlichen oder pflegerischen Tätigkeitsbereich.

Bundesrat für Beibehaltung des Verbots
Der Bundesrat antwortete schon auf frühere Vorstösse, dass er es nicht für angezeigt halte, durch eine neue Fassung oder durch eine Ergänzung der Tötungsdelikte die Voraussetzungen für eine aktive Sterbehilfe im Strafgesetzbuch zu regeln. Für diese Stellungnahmen war dabei im wesentlichen die Überlegung massgebend, dass eine Sterbehilfe mit dem alleinigen Zweck, den Tod einer Person herbeizuführen und sie so von ihrem Leiden zu erlösen, mit der Schutzpflicht des Staats für das menschliche Leben nicht zu vereinbaren wäre. Insbesondere müsste jede gesetzliche Einschränkung des Tatbestandes der Tötung auf Verlangen im Ergebnis einer strafrechtlichen Lockerung des Verbotes einer Fremdtötung mit aus heutiger Sicht kaum übersehbaren Fernwirkungen gleichkommen.

Schliesslich stehe in der Extremsituation des menschlichen Sterbens das ärztliche Handeln unter komplexen Anforderungen. Diese liessen sich in ihren Einzelheiten ohne Rückgriff auf die ärztliche Berufspflicht und die ärztliche Standesethik durch den Gesetzgeber kaum abschliessend regeln, meint auch der Bundesrat.

In der Antwort auf eine Interpellation zur Stärkung der Palliativmedizin weist der Bundesrat darauf hin, dass mit der Verordnung vom 4. Dezember 2000 über die nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin ein Instrument geschaffen wurde, das einen Beitrag zur Debatte von ethisch relevanten Fragen leisten kann. Die Diskussion über Möglichkeiten der Sterbebegleitung und Gefahren der Strafbefreiung aktiver Sterbehilfe muss meines Erachtens auch in der Öffentlichkeit vermehrt geführt werden.

Das Sterben hat man nie «im Griff»
Aus meiner langjährigen Berufserfahrung als Krankenschwester weiss ich, dass Sterbeprozesse oft länger dauern, als sich dies die Kranken, die Angehörigen oder auch das Medizin- und Pflegepersonal wünschen. Ich weiss auch, dass wegen Personalknappheit, mangelnder menschlicher Fähigkeiten und fehlender Bereitschaft, den schwierigen Weg zu begleiten, Todkranken oft ihre Bedürfnisse nicht erfüllt werden können. Ich weiss auch, dass sich viele Menschen wünschen, den Zeitpunkt ihres Todes selbst zu bestimmen. Viele Menschen haben Angst vor der ungewissen Phase des Sterbens. Dahinter verbirgt sich oftmals das fehlende Wissen, wie wir in einer solchen Situation reagieren, wie wir mit einer solch einschneidenden Lebenserfahrung umgehen werden. Der Anspruch des «Alles in den Griff bekommens» kommt bei dem Wunsch nach Selbstbestimmung des Todeszeitpunkts zum Ausdruck. Die Problematik und Bedürfnisse der Kranken dürfen niemals mit der Zulassung aktiver Sterbehilfe «gelöst» werden. Viel sinnvoller wäre es, über die Grenzen der Machbarkeit und über ein menschenwürdiges Leben und Sterben miteinander ins Gespräch zu kommen.

Oft wird auch mit der individuellen Entscheidungsfreiheit der Betroffenen für eine Strafbefreiung aktiver Sterbehilfe argumentiert. Diese soll gewährt sein. Die Patientin oder der Patient soll urteilsfähig sein. Genau diese Forderung ist problematisch. Wie frei kann ein solcher Entscheid sein? Inwiefern bin ich frei zu entscheiden, wenn die gesellschaftliche Erwartung darauf hinausläuft, dass keine Existenzberechtigung mehr hat, wer angeblich nichts mehr nützt und nur noch kostet? Ich sehe in der Erlaubnis aktiver Sterbehilfe eine Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts. Zumindest besteht die Gefahr, dass die betreffende Person einem Druck von aussen ausgesetzt ist. Wie frei ist der Entscheid einer Patientin oder eines Patienten, wenn die Behandlung unter dem Spardruck und unter Kosten-Nutzen-Aspekten abgebrochen werden soll? Wie frei ist ein Entscheid, wenn ich als betroffene Person auf die Möglichkeit aktiver Sterbehilfe angesprochen werde? Und wie ist Urteilsfähigkeit messbar? Urteilsfähigkeit im Moment des Unterschreibens des Gesuchs heisst nicht, dass die betreffende Person diesen Entschluss bis zum Schluss aufrechterhalten will.

Medizinische Machtposition ausbauen?
Um das ganze Abklärungsverfahren seriös zu handhaben, muss eine ganze Bürokratie in die Wege geleitet werden: wiederholte Anträge, zwei ÄrztInnen, eine zuständige ärztliche Behörde und zuletzt noch der Entscheid. Damit besteht die Gefahr, dass der Entscheid über die aktive Sterbehilfe weitgehend in die Hände der Ärzteschaft gelegt wird. Eine Zulassung aktiver Sterbehilfe bringt also nicht zwingend mehr Rechte für Patientinnen- und Patienten, sondern möglicherweise eine Stärkung der medizinischen Macht.

Palliativmedizin und –pflege fördern
Wie drängend das Thema ist, zeigt das Beispiel Zürich. Hier soll nicht länger verboten sein, dass eine suizidwillige und urteilsfähige Person mit Hilfe von Angehörigen einer Sterbeorganisation innerhalb eines städtischen Kranken- oder Altersheimes eine Selbsttötung durchführt. Schon seit Jahren liegt zudem die Forderung nach einer Strafbefreiung bei aktiver Sterbehilfe (Motion Ruffy 1994 und Parlamentarische Initiative Cavalli) auf dem Tisch. Diese Entwicklungen haben den Berufsverband der Krankenschwestern und Krankenpfleger (SBK) und die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) aktiv werden lassen. Gemeinsam haben sie ein "Gegenprojekt" ausgearbeitet. In einer gemeinsamen Erklärung «Pflege und Behandlung in der Endphase des Lebens» werden Handlungsperspektiven dargelegt. Unter anderem wird gefordert, dass jedem Menschen am Ende seines Lebens der Zugang zu palliativer Medizin und Pflege ermöglicht werden muss. FMH und SBK anerkennen auch, dass das natürliche Ende des Lebens respektiert werden muss («erlaubter Tod»). Auch wird deklariert, dass die Praxis der Tötung auf Verlangen und die Beihilfe zur Selbsttötung nicht Teil des medizinischen und pflegerischen Auftrags seien, dass vielmehr die Palliativmedizin und –pflege gefördert werden müsse.

Palliativmedizin und –pflege
Die palliative Medizin, Pflege und Begleitung umfasst alle medizinischen Behandlungen, pflegerischen Interventionen sowie psychische, soziale und geistige Unterstützung kranker Menschen, die an einer fortgeschrittenen, unheilbaren Erkrankung leiden. Ihr Ziel besteht darin, Leiden zu lindern und die bestmögliche Lebensqualität der Kranken und deren Angehörigen zu sichern.
Schweizerische Gesellschaft für Palliative Medizin, Pflege und Begleitung. Statuten


Eigentlicher Paradigmenwechsel
Die Forderung, die aktive Sterbehilfe straffrei zu machen, beruht oft auf der Unkenntnis darüber, was heute schon möglich ist. Dazu kommt eine bestimmte oder unbestimmte Angst, in einer entsprechenden Situation lebenserhaltenden Massnahmen ausgeliefert zu sein. Diese Angst ist teilweise berechtigt. Denn PatientInnenverfügungen, die den Wunsch nach einem sanften Tod und Verzicht auf lebensverlängernde Massnahmen im Fall irreversibler Schädigung enthalten sind nicht rechtsverbindlich. Dies ist nicht nur negativ: Eine Rechtsverbindlichkeit würde auch die Gefahr mit sich bringen, dass einer kranken Person die optimale Hilfe zu rasch und unüberlegt nicht zuteil würden. Es ist unbedingt erforderlich, die für die Behandlung Zuständigen gut zu schulen, um in jedem Einzelfall eine sinnvolle und angemessene individuelle Entscheidung zu treffen. Diese Forderung ruft klar nach einer Verbesserung der Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte. Palliativmedizin müsste sowohl in der theoretischen als auch in der klinischen Ausbildung vermehrt Raum gegeben werden. Es geht nicht um eine Pflichtübung, auch diesen Fachinhalt noch lernen zu müssen. Wenn Heilung nicht mehr möglich ist, darf dies nicht weiterhin als medizinisches Versagen taxiert werden. Ausbildung muss die Sichtweise vermitteln, dass unheilbar Kranken in ihrer letzten Lebensphase eine entsprechende persönliche individuelle Begleitung zu gewährleisten ist. Es handelt sich um einen Paradigmenwechsel. Diesen muss auch die Gesellschaft erst noch vollziehen. Ein Spitaleintritt ist nicht vergleichbar mit einer Revision des Autos. Die Erwartungshaltung von Kranken, dass in jedem Fall Heilung zu erwarten ist, sollte auf den Boden der Realität gebracht werden.

Palliativpflege muss auch in der Krankenpflegeausbildung einen höheren Stellenwert bekommen. Oft wissen die Pflegenden um deren Wichtigkeit. Die Hindernisse, diese höher zu gewichten, liegen meist in der Spitalstruktur. Nur wenige Betten sind für Palliativmedizin vorgesehen. Die Verantwortlichen haben oft den hohen Stellenwert der Palliativpflege und –medizin noch nicht erkannt und es sind dafür in praktisch allen Spitälern zuwenig Stellen bewilligt.

Es braucht dringend Rahmenbedingungen, die Menschen mit unheilbaren Krankheiten eine ganzheitliche Begleitung ermöglichen. Dazu gehört nicht nur die Schmerztherapie, sondern nebst der Erfassung der physischen, auch die Wahrnehmung der psychischen, seelischen und geistigen Bedürfnisse. Eine ganzheitliche Begleitung und Betreuung umfasst die Linderung aller Beschwerden. Dazu gehört auch die Unterstützung der Angehörigen während des Sterbeprozesses und in der Trauerphase. Palliative Massnahmen sollen zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen und ein würdevolles Sterben ermöglichen. Diese Art der Sterbehilfe muss jedem Menschen in der Endphase seines Lebens zugänglich sein. Dies sowohl im Spital wie im spitalexternen Bereich und in der Langzeitpflege. Entsprechend braucht es genügend und fachkompetentes Personal und die dazu notwendigen finanziellen Mittel.  
Aktuelle Vorstösse und Wortmeldungen im Parlament
Aktuell


Informationen zu meiner Person
Portrait


Politische Schwerpunkte und Texte
Politik


Links zu Websites von mir nahestehenden Organisationen
Links


... und Seitenübersicht
Kontakt



Sterbehilfe als Lebenshilfe ohne aktive Sterbehilfe