«Man darf nicht schweigen gegenüber Ungerechtigkeit und Zerstörung unserer Mitwelt», sagt Pia Hollenstein, Politikerin, Pflegefachfrau und Berufsschullehrerin. «Denn in meinem Verständnis bezieht sich das Christentum aufs Diesseits und nicht aufs Jenseits.» Die St. Gallerin ist in einer konservativ katholischen Familie aufgewachsen. Dies habe sie bis heute geprägt, sagt sie. Aus dem spürbar gelebten Glauben ihrer Eltern habe sie erfahren, «dass wir für unser Tun Verantwortung tragen, dass aber die Machbarkeit nicht nur in unseren eigenen Händen liegt.» Dies habe ihr ein gutes Urvertrauen gegeben.
Ein dreijähriger Einsatz als Pflegefachfrau mit Interteam in Papua Neu Guinea hat sie bestärkt im Vorhaben, politisch tätig zu werden. Sie trat der Grünen Partei bei, war zuerst Gemeinderätin der Stadt St. Gallen und von 1991 bis Juni dieses Jahres Nationalrätin. Zudem hat sie sich in verschiedenen Organisationen mit sozialen und ökologischen Anliegen engagiert. Ihre Haltung dabei sei vom Geist des Evangeliums geprägt, sagt sie. Aber sie hänge dies nicht an die grosse Glocke: «Es ist nicht meine Sache, in jedem vierten Satz
Mit 56 Jahren ist Pia Hollenstein im Juni von der aktiven Politik zurückgetreten. Neben ihrer 40-prozentigen Anstellung als Berufsschullehrerin absolviert sie nun ein Nachdiplomstudium in Angewandter Ethik an der Universität Zürich. Dass es angewandte und nicht theoretische Ethik ist, zeigt: Es geht Pia Hollenstein noch immer ums Diesseits und nicht ums Jenseits.
Rosmarie Kayser ▲