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Aktionstag, 12. November 2003, Gallusplatz, St.Gallen

Liebe Berufskolleginnen und Berufskollegen, liebe Anwesende

Wir sind da um uns gegen die geplanten Sparmassnahmen zu wehren. Die vorgesehenen Sparmassnahmen würden zu massiven Qualitätseinbussen führen. Dagegen wehren wir uns. Wir protestieren gegen das Ansinnen von Regierung und Parlament unseres Kantons, unzumutbare Sparmassnahmen zu beschliessen. Es geht letztlich um unsere Patientinnen und Patienten. Die Umsetzung der Sparmassnahmen würde die Falschen treffen: die Kranken.

Schon zum dritten mal fegt eine Sparwelle über das Gesundheitswesen und über die Pflege. Bisher haben wir Vieles geschluckt. Wir sind ja Nette. Wir opfern uns auf. Noch immer. Jetzt aber ist kein Sparpotential mehr vorhanden. "Die Zitrone ist ausgepresst" und das ist sie wirklich! Da ist die Kollegin mit dem Burnout Syndrome, da ist die Freundin mit der depressiven Verstimmung und das sind wir alle: oft überlastet, können unsere Berufsaufgabe nicht mehr zufriedenstellend erfüllen. Der Saft ist draussen, es gibt nichts mehr zu holen. Patientinnen und Patienten sind die Leidtragenden. Und die Politik will mit einem Federstrich den Geldhahn noch mehr zudrehen. Dagegen wehren wir uns hier und heute.

Wir Pflegende sind verpflichtet in Situationen, wo die Gefahr gesteht, dass wegen unerträglichen Rahmenbedingungen Pflege gefährlich wird, es an die nächste Vorgesetztenstelle weiter zu leiten: an die Pflegedienstleitung, an die Spitalverwaltung. Wir müssen die Verantwortlichen in die Pflicht nehmen.

Die Arbeitsintensität in den Spitälern, den Heimen und der Spitex ist schon heute so, dass die Gefahr besteht, dass mehr Komplikationen geschehen, Komplikationen, die nicht sein dürften. Und dadurch wird das Gesundheitswesen verteuert. Es ist kurzsichtig beim Pflegepersonal sparen zu wollen!

Die Kürzung der Globalkredite um 6 Mio Franken führte in der psychiatrischen Klinik Wil bereits zu Entlassungen und Umstrukturierungen. Abteilungen wurden zusammengelegt. Weniger Personal soll jetzt mehr Kranke gut betreuen. Diese Rechnung geht einfach nicht auf. Wir fühlen uns verantwortlich für die anspruchsvolle Pflege und Betreuung.. Wir treten heute mit unserem Zusammenkommen der Sparwut der Politik entgegen. Wir wollen weiterhin eine verantwortbare Pflege und Betreuung bieten. Mit unserer Kundgebung heute wehren wir uns aber gegen weitere beabsichtigte Entlassungen – alles auf Kosten der Kranken. Gemeinsam sind wir stark.

Wir sind ja nicht grundsätzlich gegen jedes Sparen. Aber es geht nicht an, finanzielle Mittel zu entziehen ohne gleichzeitig – oder besser im Vorhinein – seriös zu prüfen, welche Arbeitsabläufe, wie verbessert werden können. Dagegen wehren wir uns. Wir fordern ja nicht nur einen gerechten Lohn, sondern Rahmenbedingungen, die gute Pflege ermöglicht, Rahmenbedingungen, die schon jahrelang versprochen sind!

Die Sparwelle hat auch Auswirkungen auf das Lehrpersonal. Bei den Lehrerinnen für Pflege soll die vorgesehene und versprochene finanzielle Gleichbehandlung mit anderen Berufsschullehrerinnen nur stufenweise umgesetzt werden. Die Versprechungen von anfangs Jahr sind den Bach runter gespült. Die Politik wird unglaubwürdig, wenn die Abmachungen nun nicht eingehalten werden. Das zeugt von mangelnder Wertschätzung gegenüber dem grossmehrheitlichen Frauenberuf.

Glauben Sie mir, mit Berufsschullehrern an technischen Schulen mit vorwiegend männlichem Lehrpersonal wäre solch ein Ansinnen nicht möglich. Ist der Politik die Qualität der angehenden Pflegefachfrauen nicht so viel Wert wie die Ausbildung von Jugendlichen in mehrheitlich von Männern geprägten Berufen? Wir Lehrerinnen fordern heute mit unserer Anwesenheit nur das Einhalten von Versprechungen. Lehrerinnen sind keine Manövriermasse. Ich danke für all Ihre Solidarität.

Es wäre zu einfach, alles in die Schuhe der Politikerinnen und Politiker zu schieben. Wer hat sie gewählt? Weshalb gibt es praktisch keine Vertreterinnen aus dem Gesundheitswesen im Kantonsparlament? In unserer Demokratie haben wir alle – mindestens die fast 80% stimmberechtigten Erwachsenen – das Recht, sich um ein politisches Amt zu bewerben. Wo sind sie, die Pflegenden in den Parteien? Wo sind sie in den Räten von Kanton und Gemeinden? Wenn wir selber auf unsere politischen Rechte verzichten, dürfen wir uns nicht wundern, wenn andere gegen unsere Interessen Beschlüsse fassen. Meist ist es nicht böser Wille, sondern Unkenntnis. Kämpfen wir, dass wir in die politischen Ämter kommen. Eine einsame Nationalrätin kehrt die Welt nicht um. Die Kantonsratswahlen stehen an. Bewerben Sie sich noch um einen Listenplatz auf Ihrer Partei. Lassen Sie die Felle nicht davonschwimmen. Sie gehören nicht nur auf die Kundgebungsplätze. Sie gehören in die Räte. Es gibt uns schon in Kirche, Kloster und Küche. Nun also, ab in die Politik.

Ich komme zum Schluss. Wir appellieren an die Regierung und an die Kantonsrätinnen und Kantonsräte, die Augen zu öffnen, die Leistungen des Gesundheitspersonals anzuerkennen, den Sparhahn nicht weiter zuzudrehen. Die Zitrone ist ausgepresst. Weniger finanzielle Mittel führt zwangsweise zu einem höheren Fehlerrisiko, zu mehr Komplikationen, zu mehr Kosten im Gesundheitswesen. Das kann und darf es ja nicht sein. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir wollen weiterhin eine hochstehende Betreuung und Pflege leisten. Wir brauchen aber Rahmenbedingungen, damit dies möglich ist. Den Geldhahn zudrehen würde zu unverantwortbaren Zuständen für die Angestellten führen, zu mehr anstatt weniger Leid für die Kranken. Und wenn die Rahmenbedingungen noch schlechter werden, wird es unweigerlich zu Folgekosten für die Krankenkassen kosten. Unser Nettsein soll uns nicht daran hindern, die Politik an die Verantwortung zu erinnern. Die Politik - der Regierungsrat und der Kantonsrat - hat die Verantwortung zu tragen, muss Rahmenbedingungen ermöglichen damit gute Betreuung und gute Pflege geleistet werden kann.

Möge unser Kampfgeist die Verantwortlichen betroffen machen, damit in der Wintersession die Weichen richtig gestellt werden. Ich danke fĂĽr Ihr Kommen.  
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