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Haus- und Betreuungsarbeit muss öffentlich anerkannt werden
Rezension Widerspruch 62 «Care, Krise und Geschlecht», erschienen in Neue Wege, April 2013

Ob eine 55-Jährige ihre 80-jährige Mutter betreut und deshalb auf Karriere verzichtet, eine polnische Hausangestellte als Privatpflegerin in einen Schweizer Haushalt engagiert wird oder es um die Arbeitsbedingungen im Pflegeberuf geht: Haus- und Betreuungsarbeit drängt hierzulande immer mehr ins öffentliche Bewusstsein. Das ist gut so, denn während Jahrzehnten war diese Art der Arbeit bestenfalls als Selbstverständlichkeit akzeptiert oder wurde dann in ihrer Bedeutung klein geredet. Die neue Ausgabe der Zeitschrift «Widerspruch» widmet sich jetzt dem Themenbereich «Care, Krise und Geschlecht» und befördert die verschiedenen Facetten der Care-Ökonomie ans Tageslicht. Die AutorInnen thematisieren nicht nur die Ursachen, die zu Armut, ungerechten Arbeitsverhältnissen und Ausbeutung führen. Anhand von spannenden Forschungsresultaten werden schichtspezifische und geschlechtsspezifische Ausprägungen und Folgen erläutert. Die vorgestellten Studien stammen aus der Schweiz und dem Ausland – denn die Problematik ist längst globalisiert. Verschiedene Texte spüren denn auch den Wechselbeziehungen zwischen Care-Ökonomie, Migration und den sich ausbreitenden prekären Arbeits- und Lebensverhältnissen nach.

Mehrere Beiträge thematisieren, wie wichtig ein «Gender-Budgeting» ist, also eine Kostenaufstellung, die zeigt, welche Ausgaben in einem Budget welchen Geschlechtern zugute kommen. Das würde es vereinfachen, eine unausgewogene Zuweisung finanzieller Mittel offen zu legen und diesen Missstand zu verändern.

Katharina Mader legt in ihrem Beitrag dar, dass Care-Arbeit heute zunehmend «reprivatisiert, refamilialisiert, marginalisiert und entwertet wird». Mader fordert eine Umverteilung und Neubewertung der Care-Arbeit, zumal diese nicht nur gesellschaftlich notwendig, sondern auch ökonomisch bedeutsam ist.

In ihrem Beitrag «Care Migration» verweist Sarah Schilliger auf die Dringlichkeit, die Hausarbeiterinnen transnational zu mobilisieren. Dies könnte helfen, die in der ILO-Konvention seit 2011 festgeschriebenen Rechte einzufordern. Schilliger plädiert dafür, vier Strategien zu entwickeln: eine geschlechtsspezifische Strategie, um die Umverteilung der Care-Zuständigkeiten zwischen den Geschlechtern und das Aufbrechen der Sexualisierung von Care-Arbeit voranzubringen; eine arbeitsmarktpolitische Strategie, um den «Arbeitsplatz Privathaushalt» zu regulieren; eine sozialpolitische Strategie, um die solidarische Finanzierung einer bedürfnisorientierten sozialen Infrastruktur im Care-Bereich aufzubauen; und eine migrationspolitische Strategie, um eine Bewegungsfreiheit zu ermöglichen, wobei gleichzeitig die sozialen, politischen und ökonomischen Rechte garantiert werden müssen.

Gisela Notz fordert unter dem Titel «Gesellschaftliches Potenzial der Haus- und Betreuungsarbeit» eine Umverteilung der Care-Arbeit, statt sie auf Freiwillige und Dienstbotinnen abzuwälzen. Das Ziel müsse eine Arbeitswelt sein, «...die so gestaltet ist, dass Erwerbsarbeit, Hausarbeit und die Arbeit im sozialen, politischen, kulturellen, künstlerischen und gemeinwesenorientierten Bereich kollektiv organisiert ist, gleich wichtig ist und die Arbeitslast und Verantwortung gleichermassen auf Männer und Frauen verteilt sind.» Mir scheint, die grosse Arbeit, dieses Anliegen umzusetzen, liegt noch vor uns. Die geforderte öffentliche Diskussion ist überfällig und sollte dazu beitragen, dem Ziel einer fairen Abgeltung und Aufteilung der Care-Arbeit näher zu kommen. Dass die Haus- und Betreuungsarbeit, die meist als Privatsache wahrgenommen wird, zum Gegenstand politischer Auseinandersetzungen gemacht werden muss, ist die logische Folgerung der beschriebenen Analysen.  
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