Platzhalter   Platzhalter Pia Hollenstein
POLITIK

Referate | Artikel | Buchbeiträge | Presse
Zurück zur Eingangsseite
Startseite

Beitrag in "Wendekreis"
erschienen in Wendekreis, August 2000

Seit dem Ende des Apartheidregimes in Südafrika spricht hierzulande kaum mehr jemand von der Hilfestellung, die Schweizer Banken dem rassistischen Staat während Jahrzehnten leisteten. Politische Vorstösse haben jetzt zu einem Forschungsprojekt des Nationalfonds geführt, das eine erste Aufarbeitung der jüngsten Geschichte leisten soll. Unabhängig davon geht eine Recherchiergruppe den luschen Geschäften der letzten 50 Jahre nach.

«Ich kaufe keine Früchte aus Südafrika» hiess unser Motto in den Siebziger- und Achtzigerjahren. Nur selbstverständlich auch, dass ich unter Protest mein Konto bei einer Grossbank auflöste. Doch das rassistische Regime konnte sich allzulange an der Macht halten, erst 1994 trat es ab. Seither ist es zum Thema Schweiz-Südafrika erstaunlich ruhig geworden. Die Wirtschaft mag nicht daran erinnert werden, wie sie jahrzehntelang den «Weissen Herren» am Kap hofierte und an Gold- und Diamantengeschäften Milliarden verdiente.

Natürlich könnte man die Fakten jetzt einfach auf sich beruhen lassen. Als Mitglied der Rechtskommission des Nationalrats war ich jedoch an den Beratungen beteiligt, bei denen es um die historische und rechtliche Aufarbeitung jener Vermögenswerte ging, die während der nationalsozialistischen Herrschaft in die Schweiz gelangt waren. Die Diskussion der Rolle der Schweiz während der Nazizeit kam bekanntlich erst auf Druck von aussen ins Rollen. Um aus dieser Erfahrung zu lernen, schlug ich für den Fall Südafrika vor, die Beziehungen der Schweiz zu Südafrika während der Jahre 1948 bis 1994 nicht länger zu verdrängen. Wir sollten von uns aus die Geschichte aufzuarbeiten, schlug ich Anfang 1997 mit einer Einfachen Anfrage dem Bundesrat vor. Die enttäuschende Antwort des Bundesrats: Die Fakten seien hinlänglich bekannt.

Hartnäckigkeit führt weiter
Ich suchte andere Wege und reichte im März 1998 eine Parlamentarische Initiative ein, die einen einfachen Bundesbeschluss in derselben Sache verlangte. Kommission und Rat waren dann aber nicht bereit, eine umfassende Untersuchung einzuleiten. Dies, obschon verschiedene kirchliche Organisationen und die Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke die Nationalratsmitglieder aufforderte, dem Vorstoss zuzustimmen.

Doch so ganz tatenlos wollte der Bundesrat nicht bleiben. Er setzte letztes Jahr eine interdepartementale Gruppe ein. Der 120-seitige Bericht kam zum Schluss, dass die Schweizer Haltung während der Zeit der Apartheid zu vorsichtig gewesen war. Auch wenn das Papier verschiedene Bereiche nur am Rand streift, neu ist die Feststellung, dass eine weiter gehende Aufarbeitung der Beziehungen der Schweiz zu Südafrika nötig sei.

Auch im Nationalrat hat sich etwas getan. Immerhin stimmte eine Mehrheit des Rats einem Postulat zu, das ein Nationalfondsprojekt auslöst. Die 30-jährige Sperrfrist für die Akteneinsicht wird dabei für die staatlichen Archive aufgehoben. 86 Laufmeter Akten zum Thema liegen im Bundesarchiv. Ein Manko ist, dass Archive der Banken und privater Firmen geschlossen bleiben, wenn sich diese nicht von sich aus für Transparenz einsetzen. Damit will der Nationalrat die Wirtschaft davor verschonen, sich ihrer Vergangenheit zu stellen.

Geschäfte in Milliardenhöhe
Meines Erachtens ist dies ein gravierender Fehler. Die Schweiz war einer der Staaten, die entgegen der UNO-Sanktionen wirtschaftlich und politisch eng mit dem Apartheidstaat zusammenarbeiteten. Gegen Ende der Apartheid hatte die Schweiz mehr Geld in die südafrikanische Wirtschaft investiert als die USA. Schätzungsweise zwei Drittel des Goldhandels und ein Drittel des Diamantenhandels liefen über Zürich und Luzern. Eine kürzlich publizierte Studie belegt, dass Schweizer Grossbanken und Unternehmen Milliardenprofite aus der Finanzierung des Apartheidregimes zogen. Die Geheimdienste des rassistischen Regimes schliesslich benutzten schweizerisches Territorium und schweizerische Institutionen, um die Opposition im Exil zu terrorisieren. Die Schweiz ist auch mitverantwortlich für die hohen Auslandschulden von über 40 Milliarden Franken, die heutedie mageren sozialen Ressourcen blockieren, die für den Wiederaufbau dringend nötig wären.

NFP und Recherchiergruppe
Doch zurück zum Nationalfondsprojekt (NFP), das auf drei Jahre angelegt ist und über ein Budget von zwei Millionen Franken verfügt. Der Bundesrat hat aufgrund des Postulats den Schweizerischen Nationalfonds mit der Einrichtung eines Zusatzmoduls «Beziehungen Schweiz-Südafrika» beauftragt. Im Fokus ist die jüngere, auf Südafrika bezogene Aussen- und Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz. Jetzt wird es einige Jahre dauern, bis erste Forschungsresultate vorliegen - und daraus hoffentlich die politischen Folgerungen gezogen werden.

Zu einer fundierten und umfassenden Analyse reicht ein NFP allerdings nicht. Nicht nur müsste Zugang zu privaten Firmen und Banken gewährt werden, es müssten auch südafrikanische AkademikerInnen beigezogen werden. Deshalb haben sich engagierte Personen und Organisationen aus dem Umfeld der «Kampagne für Entschuldung und Entschädigung im Südlichen Afrika» sich zu einer Recherchiergruppe Schweiz – Südafrika zusammengeschlossen. Die Koordination übernimmt SOLIFONDS. Mit eigenen Recherchen, die fortlaufend der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden, wird die Recherchiergruppe in Zusammenarbeit mit südafrikanischen PartnerInnen Erkenntnisse und Zusammenhänge aufarbeiten, fundierte Fragen stellen und Probleme benennen, die einer vertieften Analyse bedürfen. Damit wird auch der nötige Druck auf das NFP aufrechterhalten.

Auch im Nationalrat wollen wir das Thema pflegen. Im Frühjahr 2000 hat sich eine Parlamentarische Gruppe gegründet mit dem Ziel, sich einerseits für die Aufarbeitung der Beziehungen der Schweiz zu Südafrika während des Apartheidregimes einzusetzen. Andererseits befasst sie sich mit der aktuellen Beziehungen und versteht sich als Gesprächspartnerin für BesucherInnen aus dem südlichen Afrika, pflegt Kontakt und Informationsaustausch mit Nichtregierungsorganisationen sowohl des südlichen Afrikas als auch der Schweiz. Das Co-Präsidium bilden Fulvio Pelli (FDP/TI), Kathy Ricklin (CVP/ZH), Nils De Dardel (SP/GE) und ich.  
Aktuelle Vorstösse und Wortmeldungen im Parlament
Aktuell


Informationen zu meiner Person
Portrait


Politische Schwerpunkte und Texte
Politik


Links zu Websites von mir nahestehenden Organisationen
Links


... und Seitenübersicht
Kontakt



Licht in lusche Geschäfte mit Südafrika