Platzhalter   Platzhalter Pia Hollenstein
POLITIK

Referate | Artikel | Buchbeiträge | Presse
Zurück zur Eingangsseite
Startseite

Kinder, die sich lohnen
Kolumne in www.suedostschweiz.ch, 16. Januar 2011

Was ist ein Kind wert? Die Frage rührt an einem Tabu. Aber in den nächsten Monaten werden wir uns damit zu befassen haben. Denn der Bundesrat will das heutige Verbot der Präimplantationsdiagnostik (PID) aufweichen.

Die PID erlaubt es, bei der künstlichen Befruchtung, der In-vitro-Fertilisation, eine erste Auswahl zu treffen. Schon Pascal Couchepin hatte einen ersten Vorschlag ausgearbeitet, der allerdings sehr restriktiv ausfiel und in der Vernehmlassung Schiffbruch erlitt. Jetzt nimmt Didier Burkhalter einen neuen Anlauf. Das genetische Auswahlverfahren soll erlaubt sein, wenn in der Familie eine schwere Erbkrankheit vorhanden ist, die auf das Kind übertragbar ist. In diesen Fällen will der Bundesrat erlauben, dass in vitro mehr als drei Embryonen hergestellt und jene ausgesucht werden, die ohne Gendefekt sind.

Die PID verhindere bloss, dass die betroffenen Frauen eine Mehrlingsschwangerschaft auf sich nehmen müssten und allenfalls mit einer Abtreibung konfrontiert würden. Dann nämlich, wenn mit der genetischen Pränataldiagnostik eine schwere Behinderung am Fötus erkannt wird. In diesem Fall soll man besser im Reagenzglas selektionieren, um nicht später bei der Geburt eine böse Überraschung zu erleben. Das zumindest ist die Argumentationskette jener Kreise um den Zürcher FdP-Ständerat Felix Gutzwiller, welche die Abschaffung des PID-Verbots seit Jahren vorantreiben.

Die Rechnung ist zu einfach. PID steht an der Nahtstelle zwischen Fortpflanzungsmedizin und genetischer Begutachtung. Diese Selektion ist enorm heikel: Was ist unter «schwerer Behinderung» zu verstehen? Wer ist kompetent, diese Grenze zu ziehen? Braucht es dazu medizinischen Sachverstand, oder sind auch Laien berechtigt, sich einzumischen? Und wird diese Definition bei nächster Gelegenheit nochmals aufgeweicht?

Die deutsche Soziologin Silja Samerski schreibt in ihrem neuen Buch von der «Entscheidungsfalle» und behauptet im Untertitel, dass «die genetische Aufklärung die Gesellschaft entmündigt». Tatsächlich wissen wir zwar immer mehr. Doch den ethischen Entscheid delegieren wir immer häufiger an eben jene Interessenvertreter, welche die Technologie entwickelt haben und sich mit ihr profilieren können.

Kommt die PID, müssen die Eltern aktiv entscheiden, wie sie mit ihrem «Risiko-Embryo» umgehen wollen, ob sie ihn akzeptieren oder verwerfen. Die Technologie wird am Schluss aufzeigen, ob sich das Kind «lohnt». Ein unwürdiges Verfahren.  
Aktuelle Vorstösse und Wortmeldungen im Parlament
Aktuell


Informationen zu meiner Person
Portrait


Politische Schwerpunkte und Texte
Politik


Links zu Websites von mir nahestehenden Organisationen
Links


... und Seitenübersicht
Kontakt



Was ist ein Kind wert?