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Beitrag zum Jahrtausendwechsel
erschienen in Wendekreis, Dezember 1999

Trotz aller Kriege und schlimmen Entwicklungen in den letzten 100 Jahren: Es gibt viele Ansätze zu einer sozialen und ökologischen Entwicklung. An uns liegt es, diese weiterzuführen und im nächsten Jahrhundert auszubauen. Im Zentrum aller Anstrengungen steht die Solidarität im weitesten Sinn.

Ich wurde im Jahr 1950 geboren, der Jahrtausendwechsel ist für mich also ein besonderer Anlass, Rückblick und Ausschau zu halten. Auf den ersten Blick hat die Erde in unserem Jahrhundert viel Schlimmes durchgemacht. Da sind die beiden Welt- und unzählige andere Kriege, die auch heute noch anhalten und das Jahrhundert geprägt haben. Ich persönlich und unser Land wurden zwar von diesen Erfahrungen verschont. Doch gerade in den letzten Jahren haben wir erkennen müssen, dass sich die Vergangenheit nur schwer abschliessen lässt. Auch die Schweiz hat während der Weltkriege und durch ihre Zusammenarbeit mit Diktatoren in aller Welt viel Schuld auf sich geladen. Noch immer tun wir uns schwer damit, dies einzugestehen und die Konsequenzen zu ziehen.

Das ausgehende Jahrhundert war zum andern eine Phase der ungebremsten Umweltzerstörung. Wälder wurden vernichtet, fossile Energieträger verbrannt und fruchtbare Erde zu Wüsten gemacht wie in keiner Periode zuvor. Die Atomtechnologie hat ihren zerstörerischen Lauf genommen, die Gentechnologie ist jetzt daran, mit Saatgutmonopolen und gefährlichen Freisetzungen ähnliche Risiken aufzubauen.

Es hat sich einiges bewegt
Nur: Es gibt auch Tausende von positiven Entwicklungen. Die Emanzipation der Frau ist weiter fortgeschritten; Staaten wie Südafrika haben den Wechsel zur Demokratie vollzogen; und seit dem Erdgipfel in Rio ist der Begriff «Nachhaltigkeit» in aller Munde.

Die Gleichstellung der Frau, eine solidarische Haltung gegenüber den Ländern des Südens und eine ökologische Entwicklung der Gesellschaft sind drei Anliegen, die ich in den vergangenen acht Jahren im Nationalrat und auch in verschiedenen Bewegungen vorangetrieben habe. Ich glaube, es gibt unzählige positive Ansätze. Auch wenn es vielen von uns - auch mir ! - meistens zu langsam geht, an einigen Beispielen lässt sich die veränderte Stimmung dokumentieren. Versetzen Sie sich in die Schweiz von 1960: Wäre es damals denkbar gewesen, dass sich Konzerne wie die ABB öffentlich verteidigen müssen, weshalb sie umweltzerstörende und menschenverachtende Staudämme bauen? Oder wäre damals eine Abstimmung über die Schweizer Armee möglich gewesen? Und hat sich nicht in Unternehmen wie Migros und Coop etwas geändert, wenn diese jetzt öffentlich bekanntgeben, kein Gentech-Food ins Sortiment nehmen zu wollen?

Angst verstärkt die Ablehnung
Für mich gilt es, all diese Ansätze einer kritischen und solidarischen Schweiz auszubauen und im neuen Jahrtausend weiterzuentwickeln. Nehmen wir das Beispiel der Entwicklungszusammenarbeit. Die Schweiz ist unter allen OECD-Staaten punkto Finanzhilfe noch immer das Schlusslicht. Gleichzeitig gönnt sich unser Land pro-Kopf Ausgaben für den Militärbereich, die weltweit an der Spitze liegen. Immer wichtiger wird schliesslich, dass unsere Aussen(wirtschafts)politik an den Ellen der Solidarität gemessen wird. Solidarität bedeutet auch ein anderer Umgang mit AusländerInnen. Wer die Aggression und Ablehnung vieler SchweizerInnen abbauen will, muss auch nach den Ursachen suchen: Die fehlende berufliche Perspektive, die unsichere Zukunft allgemein. Nicht nur die Schweiz, auch Europa muss sich schliesslich gemeinsam für die Menschenrechte und für eine Verringerung des Reich-Arm-Gefälles engagieren. Um im eigenen Land anzufangen und die Konfrontationen zu entschärfen, könnte das Stimm- und Wahlrecht für AusländerInnen Spannungen abbauen helfen.

Die Solidarität globalisieren
Die Globalisierung wird heute als scheinbar unabänderliche Entwicklung bezeichnet. Doch ich wehre mich dagegen, dass die Politik dauernd an Einfluss verliert und alles nur noch von den Wirtschaftsmächtigen verhandelt und bestimmt werden soll. Denn wenn wir Demokratie ernst nehmen, dann bedeutet dies eine breite Mitbestimmung. Auch die Allmacht der Globalisierung ist nicht echt. Wir haben es in der Hand, soziale und ökologische Leitplanken zu setzen, was die Auswirkungen dieser wirtschaftlichen Liberalisierung vor allem in Ländern des Südens betrifft. Dazu braucht es eine Partizipation auch der wirtschaftlich schwachen Staaten und dort wiederum der schwachen Bevölkerungsteile. Die Globalisierung der Wirtschaft haben wir in diesem Jahrhundert angestossen. Für das nächste Jahrhundert sollten wir uns die Globalisierung der Solidarität ins Aufgabenheft notieren.

Auch den Geist öffnen
Gerechtigkeit hat nicht nur eine wirtschaftliche und soziale, sondern auch eine ökologische Dimension. Das vielzitierte globale Denken und lokale Handeln ist oft Theorie geblieben. Bei uns im industrialisierten Norden muss der Energiekonsum deutlich sinken. Effizientere Technologien, ein umweltschonenderes Befriedigen unserer Bedürfnisse nach Mobilität und Erholung und auch Verzicht werden uns zu einer echten nachhaltigen Lebensweise führen. Der Rohstoffverbrauch, die Belastung von Luft und Wasser oder die Ausbeutung der Meere muss ein Niveau erreichen, das langfristig nicht nur unsere Kinder, sondern auch die kommenden Generationen weltweit ernähren und behausen kann.

All diese Wünsche und Erwartungen zu erfüllen ist wohl nur möglich, wenn wir uns auch geistig öffnen und so die Keime dieses Jahrhunderts wachsen lassen. Wenn wir die Gleichheit aller Menschen unabhängig von Hautfarbe, Herkunft, Alter oder Geschlecht anerkennen, ist dies die Basis für ein hoffentlich friedlicheres, solidarischeres und ökologischeres neues Jahrhundert.  
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Im nächsten Jahrtausend die Keime wachsen lassen